Dienstag, 3. Juli 2018

100 % vegan - geht das überhaupt?

Kann man zu 100 % vegan leben? Diese Frage lässt sich meiner Meinung nach nur mit einem "Nein" beantworten.
Sich zu 100 % vegan zu ernähren ist noch verhältnismäßig einfach, wie ich in den vergangenen Monaten feststellen konnte. Auch für Kosmetika, Reinigungsmittel und Kleidung lassen sich schnell Alternativen ohne tierische Inhaltsstoffe finden.
Aber kann ich wirklich mein Dasein auf dieser Welt fristen, ohne auch nur einer Mücke ein Haar zu krümmen? Ganz sicher nicht!
Schon wenn ich über eine Wiese laufe, werde ich aller Vermutung nach den ein oder anderen Käfer oder Wurm zertreten. Noch schlimmer ist das Ergebnis einer Autofahrt, nach der meine Windschutzscheibe einem Insektenfriedhof gleich kommt.
Und wer meint, dass der Verzehr von rein pflanzlichen Produkten keinerlei Tierleid verursacht, der vergisst ganz sicher, dass auch beim Ernten von Getreide, Obst und Gemüse Insekten und Kleinsäuger draufgehen.
Ist eine vegane Lebensweise demnach eine Utopie? Ein ohnehin nicht zu erfüllender Wunsch nach einer weißen Weste und gutem Karma?
Was meine persönliche Einstellung zu dem Thema angeht ist mein Anliegen gar nicht, GAR keine Schäden mehr an meiner Umwelt anzurichten (das wäre dann tatsächlich unmöglich), sondern den Fußabdruck, denn ich auf dieser Welt hinterlasse so klein wie möglich zu gestalten. Ich versuche also mich darauf zu konzentrieren möglichst wenig Schaden anzurichten.

Nehmen wir das Beispiel der Kollateralschäden, die durch den Anbau von Lebensmitteln verursacht werden.
Ja, für jeden Getreideacker und für jedes Gemüsefeld muss Natur weichen und bei jeder Bestellung eines solchen Feldes und bei jedem Erntevorgang sterben etliche Lebewesen, die trotz der unwirklichen Bedingungen auf so einem Feld ihr Zuhause gefunden haben. Und das finde ich persönlich schlimm, denn auch Mäuse, Igel, Kaninchen, Käfer, Regenwürmer ect. haben für mich ihre Daseinsberechtigung und es tut mir leid, wenn sie Schaden nehmen.

Nun könnte man sagen : Aha.. schau sie dir an, die Veganer! Für ihr Gemüse und Getreide sterben so viele kleine Lebewesen, für mein Steak nur eine einzige Kuh.
Aber das ist ein Trugschluss, denn diese eine einzige Kuh kommt nicht als Halbtonner zur Welt. Um auf ihr Schlachtgewicht zu kommen, muss sie also erst einmal gemästet werden. Und da liegt der Hund begraben. Denn um aus dieser Kuh ein Kilogramm Fleisch zu bekommen, muss etwa die zehnfache Menge an Futtermitteln verabreicht werden. Da auch Futtermittel nicht vom Himmel fallen, verursacht hier das Fleisch also eine zehnfache Menge von Schäden bei Anbau und Ernte.

Hier kann man also durch Verzicht, oder zumindest der Minimierung des Konsums tierischer Produkte die Schäden an Natur, Mitgeschöpfen und auch Mitmenschen zumindest minimieren.

Und wo für mich persönlich auch eine Grenze erreicht ist, sind Medikamente.
Die wenigstens Medikamente kommen ohne tierische Inhaltsstoffe oder Tierversuche aus. Soweit es mich betrifft, nehme ich bei Bagatellen wie Kopfschmerzen oder einer Erkältung nur sehr selten überhaupt Medikamente und wo es möglich ist, achte ich natürlich auch bei Medizin auf vegane Alternativen.
Wer aber wirklich krank ist, wer Krebs, Diabetes, Bluthochdruck oder andere schwerwiegende Krankheiten hat, der sollte sich auch unbedingt helfen lassen! Die eigene Gesundheit und das eigene Überleben stehen immer im Vordergrund. Es gibt sehr viele Bereiche im Leben, wo man gänzlich auf tierische Produkte verzichten kann, ohne dass es auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden einen negativen Einfluss hat.
Wenn man aber seine eigene Gesundheit aufs Spiel setzt, weil es keine veganen Heilmethoden gibt, schießt man am Ziel vorbei. Es ist zwar sehr löblich, das Leben seiner Mitgeschöpfe über das eigene zu stellen, aber sicher nicht der Grundgedanke einer veganen Lebensweise.
Es lohnt sich aber sicher im Einzelfall abzuwägen, ob man wirklich für jedes Wehwehchen gleich eine Pille schlucken muss und sich gegebenenfalls von Arzt oder Apotheker über vegane Alternativen aufklären lassen.
Ich hoffe, dass wir auch in der Pharmazie in eine Richtung gehen, in der es mehr und mehr vegane Alternativen geben wird, aber bis dahin werden wir wohl oder übel Kompromisse eingehen müssen.

Für mich bedeutet ein veganes Leben dort, wo es mir möglich ist und meine eigene Gesundheit oder gar mein Leben nicht gefährdet, auf tierische Produkte zu verzichten. Wer das in der Ernährung, im Haushalt und der Körperpflege schafft, der hat schon einen riesigen Schritt gemacht. Wer den Konsum zumindest reduziert, trägt auch immens dazu bei, ökologische und ökonomische Schäden zu reduzieren.

100 % vegan? Das geht nicht. Genauso, wie es nicht zu 100% auszuschließen ist, dass man etwa Produkte aus Kinderarbeit kauft.
Aber man kann eine ganze Menge dazu beitragen, die Schäden zu minimieren. ASAP As Vegan As Possible.
Oder anders gesagt, ich kann vielleicht nicht verhindern, auf einen Käfer zu treten, wenn ich über eine Wiese laufe. Aber deswegen muss ich noch lange nicht absichtlich und gezielt Insekten zerquetschen.



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