Donnerstag, 14. Februar 2019

Böser Bärendreck

Ich persönlich finde ja, dass der Name Bärendreck für Lakritze eindeutig passend gewählt wurde. Denn es schmeckt schon reichlich besch...eiden. Mir zumindest. Aber so ist das halt mit der Lakritze. Die einen mögen sie, die anderen lieben sie. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.
Unstrittig ist auch die Tatsache, dass Veganer keine Produkte konsumieren wollen, in denen Gelatine verwendet wurde. Leider ist sie Bestandteil in vielen Gummitierchen, Gummischnullis und eben auch in Lakritze.
Mein Göttergatte isst für sein Leben gerne Lakritze und obwohl wir nicht übermäßig viel Süßkram konsumieren, organisiere ich ihm doch hin und wieder mal ein oder zwei Tüten vegane Lakritze. Ja, die gibt es nämlich auch und wenn ich seinen Worten glauben schenken darf, schmeckt sie mindestens genauso gut wie die mit Gelatine (oder nach meinem Dafürhalten vermutlich genauso schlecht. Igitt)
Immerhin muss er seine vegane Lakritze dann ja nicht teilen.

Geteilt hat seine Lakritze dafür jemand ganz anderes. Nämlich ein lieber Freund von uns, bei dem wir zum Essen eingeladen waren. Die Mahlzeit selbst war vegan und unglaublich lecker! Eine Glasnudelsuppe mit Kokosmilch! Hat seine Frau gekocht, die sich uns zuliebe immer wieder mit veganen Rezepten befasst und auch für Experimente zu haben ist um unsere Mägen zu füllen.

Nach dem Essen wurden dann diverse Schälchen auf dem Tisch verteilt. Erdnußflips, Paprika und Gurken in Streifen, Kirschtomaten - tja und eben auch Lakritz.
Während wir also gemütlich lachend und plaudernd den Abend ausklingen ließen, schob sich mein Liebster gedankenverloren ein Stück Lakritze in der Mund. Alle Augen auf ihn gerichtet! "Ohhh das ist ja gar nicht vegan!!! Das ist ja "normale" Lakritze"
Mein Göttergatte blickte etwas geknickt drein. Er war davon ausgegangen, dass Lakritze immer ohne tierische Inhaltsstoffe auskommt. Naja. Vorher fragen hilft. Kann passieren. Ich behaupte einfach mal, jeder Vegetarier oder Veganer hat aus Versehen schon einmal etwas gegessen, dass eigentlich nicht zu den vom ihm erwählten Speisen gehört.
Ich tröstete meinen Schatz, der noch immer ein bisschen beschämt aussah. Eigentlich hätte die Sache damit erledigt sein können.
Aber dann kam er. Dieser Satz, der das eigentliche Problem für mich an diesem Abend war. "Ist ja aber nicht so schlimm, ihr macht das ja eh nur aus Überzeugung". Autsch. "Nur" aus Überzeugung?
Ich mag mich irren, aber nur aus Überzeugung essen die meisten Menschen in Mitteleuropa wohl auch keine Hunde oder Katzen. Aber würde es das weniger schlimm machen, wenn sie es aus Versehen doch täten?

In diesem Zusammenhang fiel mir eine Anekdote meines Großvaters ein, der einmal kurz nach dem Krieg bei seinem besten Freund zum Essen eingeladen war. Es gab eine Art Gulasch, vielleicht war es auch Geschnetzeltes. Auf jeden Fall war es wohl recht lecker.
Nach dem Essen saßen die beiden noch zum Klönen zusammen, als meinem Großvater ein entscheidendes Detail auffiel. Anders als sonst wurde er nicht vom Hund der Familie zum Streicheln oder Spielen aufgefordert. Auf die Frage, wo denn der Hund geblieben sei, antwortete der Freund meines Großvaters mit einer unbekümmerten Selbstverständlichkeit, dass der Hund sich schwer verletzt hätte und man das Fleisch ja dann nicht umkommen lassen könne.
Obwohl das Essen an sich lecker war, hat mein Opa es sich dann noch einmal durch den Kopf gehen lassen und den Rest seines Lebens nie wieder Gulasch oder Geschnetzeltes angerührt.
Zur damaligen Zeit war es gar nicht so unüblich, Hunde oder Katzen zu essen. Für den Katzenbraten gab es sogar einen eigenen Begriff. Dachhase. Trotzdem hat es meinem Großvater, der sein Leben lang ein großer Hundefreund war, sehr schwer zugesetzt.

Dass ein Vegetarier oder Veganer mal aus Versehen etwas isst, das er eigentlich vermeiden will. Ja, das kann passieren. Aber wenn man den Fehler bemerkt, dann ist das nicht weniger schlimm, weil man es ja eh "nur" aus Überzeugung tut.
Für vegane Anfänger ist es oft schwer genug, sich durch den Dschungel von Zusatzstoffen und E-Nummern zu fuchsen um geeignete Lebensmittel zu finden. Mir selbst fällt das etwas leichter, da ich durch meine vorangegangenen Jahre als Vegetarier schon ein gewisses Auge dafür entwickelt habe und ohnehin Zusatzstoffe und Fertigprodukte selten auf meinem Teller landen.
Aber für meinen Göttergatten, der ja erst seit knapp einem Jahr überhaupt auf tierische Produkte verzichtet - und das quasi von heute auf morgen - gibt es eben noch den ein oder anderen Stolperstein.

Wenn ihr euch vegetarisch oder vegan ernähren wollt, dann versucht über solche Kommentare weg zu hören. Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr mal aus Versehen in so ein Fettnäpfchen tretet.
Es ist nicht "nur" eine Überzeugung. Es ist der Versuch unsere Welt ein kleines bisschen besser zu machen.

In diesem Sinne, esst was euch schmeckt, aber versucht nicht klein zu reden, was andere auf ihrem Teller haben. Dann können Vegetarier, Veganer und Omnivoren auch in Zukunft noch friedlich zusammen an einem Tisch sitzen.

Eure Gwenhwyfar